Biogas & Bodenfruchtbarkeit

Auswirkung von Gärgut auf landwirtschaftlich genutzte Böden

Begriffsdefinition unterschiedlicher Vergärungsprodukte

Bei der Vergärung von Hofdüngern und Co-Substraten in einer landwirtschaftlichen Biogasanlage entstehen nebst dem gasförmigen Vergärungsprodukt «Biogas» auch flüssige und/oder feste Vergärungsprodukte. Bestehen die Ausgangssubstrate zu weniger als 20% aus Material nicht-landwirtschaftlicher Herkunft, wird von «Gärgülle» gesprochen, sind es mehr als 20%, nennt sich das Produkt «Gärgut». Damit Gärgut und Gärgülle gezielter auf das Feld ausgebracht werden können, wird nach der Vergärung oft ein Separationsschritt eingeschaltet. Die flüssigen Fraktionen nennen sich dann Gärdünngülle oder Gärgut flüssig, die festen Anteile Gärmist oder Gärgut fest. Per Definition ist Gärgülle ein sogenannter Hofdünger, während Gärgut - wie auch Kompost - zur Kategorie Recyclingdünger gezählt wird (Agridea and BLW, 2017). Im Gegensatz dazu unterscheidet der Artikel 5 der Düngerverordnung (Der Schweizerische Bundesrat, 2001) nicht zwischen Gärgut und Gärgülle. Vergorenes Material wird pauschal als festes und flüssiges «Gärgut» bezeichnet und der Kategorie Recyclingdünger zugewiesen. Der Einfachheit halber wird nachfolgend ausschliesslich der Begriff «Gärgut» verwendet.

Einfluss der Vergärung auf die Bodenfruchtbarkeit

Die Vergärung verändert viele Eigenschaften der Ausgangsubstrate, die nach der Ausbringung auf landwirtschaftliche Flächen die Prozesse im Boden unterschiedlich beeinflussen können. Da hierbei vor allem die Eigenschaften der Ausgangssubstrate eine grosse Rolle spielen, können keine pauschalen Aussagen über den Effekt von Vergärungsprodukten z.B. auf die Bodenfruchtbarkeit oder die Düngereigenschaften gemacht werden. Der Einfluss von Gärgut auf den Boden ¬ im Vergleich zum unbehandelten Hofdünger ¬ wurde bisher vor allem in Kurzzeitstudien nachgewiesen.

 Die Anwendung von Gärgut kann einen direkten Effekt auf die mikrobielle Zusammensetzung und Aktivität von Bodenorganismen haben. Teilweise wird eine Abnahme der Aktivität von kohlenstoff-abbauenden Mikroorganismen festgestellt. Die meisten direkten Auswirkungen der Vergärung auf die Bodenfruchtbarkeit sind lediglich kurzfristig. Aus einem Teil des organischen Kohlenstoffs (C) der Ausgangssubstrate wird im Fermenter Biogas gebildet. Dies bewirkt eine Reduktion des C-Anteils im Gärgut. Der verbleibende Kohlenstoff ist biologisch schwer verfügbar. Nach der Feldanwendung von Gärgut findet im Vergleich mit der Anwendung von Gülle eine geringere Zersetzung der Organik im Boden statt. Diese kompensiert den C-Verlust durch Biogas. Im Vergleich zum C-Gehalt des Bodens selber ist der Eintrag von C in den Boden durch die Ausbringung von Gärgut gering. Deshalb ist es grundsätzlich schwierig, gesicherte Aussagen insbesondere über Langzeiteffekte der Düngung auf den Bodenkohlenstoffhaushalt zu machen. Es wird vermutet, dass der Langzeiteffekt der anaeroben Behandlung auf die Bodenfruchtbarkeit gering ist. Weit stärkeren Einfluss haben indirekte Effekte, zum Beispiel systembedingte Änderungen des Anbausystems (Fest-Flüssig-Trennung, Fruchtfolge, Anbauflächen, gesamter Anteil an organischen Düngern etc.). Auch der veränderten Zusammensetzung der Ausgangsstoffe durch die Zugabe von Co-Substraten wird ein viel grösseres Gewicht zugeschrieben (Möller, 2015).
Während Komposte aufgrund ihrer Eigenschaften eindeutig als Bodenverbesserer betrachtet werden können, sind diese Eigenschaften auf festes Gärgut nicht zu übertragen. Die Ausbringung von Gärgut hat kurz- bis mittelfristig weder eine Erhöhung des Humusgehalts, eine Verbesserung der Krümelstabilität, eine Vergrösserung des Porenvolumens noch eine Anregung der Bodenfauna und -flora zur Folge. Auch eine Unterdrückung von Pflanzenkrankheiten und Nematoden im Boden ist für Gärgut nicht nachgewiesen. Erst nach einer fachgerechten, unter Luftzutritt durchgeführten Kompostierung gelten diese bodenverbessernden Eigenschaften auch für Vergärungsprodukte (FiBL, 2004).

Einfluss der Vergärung auf die Nährstoffe

Der anaerobe Abbau ist für die pflanzliche Verfügbarkeit von Makro- und Mikronährstoffen nach der Feldanwendung des Gärguts von Bedeutung. Im Vergleich zum Ausgangsmaterial vergrössert sich in Gärgut der Ammoniumgehalt. Die höhere Konzentration an gelöstem Stickstoff in Form von Ammonium bewirkt keine effizientere Stickstoffaufnahme durch die Pflanze und auch keine Ersparnisse an Stickstoffdünger. Der Anstieg der Gesamtmenge an schnell verfügbarem Stickstoff ermöglicht und erfordert eine zielgerichtete und bedarfsnahe Düngung. In Gärgut ist der Anteil an sofort verfügbarem Phosphor und Mikronährstoffen leicht reduziert. Ein direkter Einfluss auf die Kulturpflanzen unter Feldbedingungen ist nicht nachweisbar (Möller und Müller, 2012).
Durch den Abbau von stickstoff- und schwefelhaltigen Ausgangssubstraten entsteht im Biogas Ammoniak NH3 und Schwefelwasserstoff H2S. Dies führt zu einer geringen Abnahme des Gesamtstickstoff- und Gesamtschwefelgehalts im Gärgut verglichen mit den Ausgangssubstraten. Bei unsachgemässer Ausbringtechnik von Gärgut entstehen gegenüber der direkten Ausbringung von Gülle leicht erhöhte gasförmige N-Verluste in Form von Ammoniak. Der Unterschied der gasförmigen Emissionen von Lachgas N2O und der Auswaschung von Nitrat NO3 ist im Vergleich zu Gülle vernachlässigbar. Die Ausbringtechnik hat bezüglich der gasförmigen Verluste und der Aufnahme von Nährstoffen durch die Kulturpflanze einen erheblichen Einfluss. Entscheidend ist auch hier die Zusammensetzung des Ausgangssubstrats, welche auch massgeblich von den Co-Substraten abhängt (Möller, 2015).

Einfluss der Vergärung auf die Hygiene

Durch den Vergärungsprozess werden Krankheits- und Schaderreger eliminiert, wodurch deren Verbreitung auf dem Feld erheblich vermindert werden kann. Eine thermophile Vergärung bei ca. 52-55 °C hat dabei einen stärkeren Einfluss auf Pflanzenpathogene und Unkrautsamen, als eine mesophile Behandlung der Ausgangssubstrate bei z.B. 35-40 °C. Bereits bei mesophilen Temperaturen erfolgt jedoch eine wesentliche Reduktion von Krankheits- und Schaderregern. Die Inaktivierungszeit von Viren, Pflanzenpathogenen und Keimen nimmt mit zunehmender Temperatur deutlich ab.
Vergärungsprodukte werden regelmässig auf ihre Nährstoff- und Schadstoffgehalte hin untersucht. Die wichtigsten Anforderungen und Anwendungsempfehlungen für flüssiges und festes Gärgut sowie für Kompost werden in der Schweizerischen Qualitätsrichtlinie 2010 der Branche für Kompost und Gärgut zusammengefasst (Abächerli et al, 2012).

 

Literaturverzeichnis

Abächerli, F. Baier, U. Berner, F. Bosshard, C. Fuchs, J. Galli, U. Gfeller, H. Leuenberger, R. Mayer, J. Pfaffen, P. Schleiss, K. Trachsel, D. Wellinger, A. 2010. Schweizerische Qualitätsrichtlinie 2010 der Branche für Kompost und Gärgut. Inspektoratskommission der Grüngut verarbeitenden Branche der Schweiz


Agridea, BLW, 2017. Weisungen zur Handhabung von Vergärungsprodukten in der Suisse-Bilanz Zusatzmodul 8 zur Suisse-Bilanz.


Der Schweizerische Bundesrat, 2001. Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngern (Dünger-Verordnung, DüV).


FiBL, 2004. Auswirkungen von Komposten und Gärgut auf die Umwelt, die Bodenfruchtbarkeit sowie die Pflanzengesundheit (Schlussbericht). Forschungsinstitut für biologischen Landbau, Frick.


Möller, K., 2015. Effects of anaerobic digestion on soil carbon and nitrogen turnover, N emissions, and soil biological activity. A review. Agron. Sustain. Dev. 35, 1021–1041.


Möller, K. Müller T. 2012. Effects of anaerobic digestion on digestate nutrient availability and crop growth: A review. Eng. Life Sci., 12, No. 3, 242–257

Text: Florian Rüsch & Urs Baier, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Fachstelle Umweltbiotechnologie, 08.02.2018